Einreise nur gegen Passwort – Kann das wirklich sein?

Jun 19, 2019

Einreise nur gegen Passwort – Kann das wirklich sein?

„Verehrte Fluggäste, ihr Flug ist nun einsteigebereit, bitte halten Sie Flugtickets, Reisepässe und Passwörter bereit.“ Was nach einem Scherz klingt ist in einigen Ländern leider bereits Realität, Reisende an Flughäfen werden aufgefordert, nicht nur Smartphones und Laptops herauszugeben, sondern auch die Passwörter. Nach den USA, Großbritannien und Neuseeland praktiziert auch Kanada diese Vorgehensweise. Da immer mehr Menschen mit Smartphones und Laptop verreisen, die voll mit persönlichen und geschäftlichen Daten sind, wächst die Sorge der Reisenden über die Befugnisse der Grenzbeamten.

Der US-Bürger und NASA-Mitarbeiter Sidd Bikkannavar wurde bei der Einreise am Flughafen Houston (Texas) mehrere Stunden von Grenzbeamten festgehalten, er hatte sich geweigert, den Grenzbeamten den Zugangscode zu seinem Diensthandy zu geben. Der britische Menschen-rechtsaktivist Muhammad Rabbani wurde zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten auf Bewährung und einer Geldstrafe verurteilt. Der Grund: Rabbani hatte sich bei der Einreise geweigert, Sicherheitsbeamten die Zugangsdaten für seine IT-Geräte zu übergeben. [1] Der jüngste Fall des kanadischen Wirtschaftsanwaltes Nick Wright erregte in den Medien besonders viel Aufmerksamkeit.

Der Anwalt wurde am Flughafen von Toronto von Beamten der Canada Border Services Agency (CBSA) festgehalten, sein Smartphone und sein Laptop beschlagnahmt, nachdem er sich weigerte, die Passwörter der CBSA zu geben. Nach Ansicht des Anwaltes sei dieses Vorgehen ein „Verstoß gegen die Verfassungsrechte“, denn gemäß Abschnitt 8 der Charta hat jeder das Recht, sich gegen unangemessene Durchsuchungen oder Beschlagnahmen abzusichern. Der Anwälte verwies darauf, dass seine elektronischen Geräte sensible Informationen enthalten, die unter dem Anwalts- und Mandantenrecht geschützt sind. Dennoch wollte die CBSA das Passwort zu knacken, um weitere Suchvorgänge durchzuführen. Bereits im Juni 2015 hat die CBSA ein operationelles Bulletin herausgegeben, in dem digitale Geräte als „Waren“ definiert werden, und damit dürften die Beamten nach dem Zollgesetz und dem Einwanderungs- und Flüchtlingsschutzgesetz diese „Waren“ auch untersuchen.

Die kanadischenBeamtenhandelten also rechtskonform. Nach Angaben der CBSA hat sie das Recht, elektronische Geräte an der Grenze nachBeweisen für zollrechtliche Verstöße -ohne Haftbefehl- wie beim Gepäck zu durchsuchen. Falls Reisende sich weigern, ihre Passwörter herauszugeben, können die Beamten das Gerät beschlagnahmen.

Auch im Fall von Bikkannaver beriefen sich die Beamten auf ein Urteil des US-Berufungsgerichtes von 2008. Darin heißt es, dass Behörden Smartphones oder Laptops von Einreisenden beschlagnahmen und durchsuchen dürfen, auch wenn es keinen Anlass gibt, die Personen zu verdächtigen. Grenzbeamte in den USA haben schon seit Jahren das Recht, bei Zoll- und Einreisebestimmung sowie bei Verdacht auf Rechtsverletzungen Durchsuchungen auch ohne Richterentscheid vornehmen. Seit 2009 bezieht die Heimatschutzbehörde DHS auch digitale Geräte und Speichermedien mit ein. Deshalb fordern die Beamten gerne auch die Herausgabe von PINs und Passwörter, um Zugriff auf das gesperrte Smartphone, Konten der sozialen Netzwerke, Cloud-Speicher und E-Mails zu erhalten. Einreisende sind rechtlich nicht dazu verpflichtet, PIN und Passwörter von gesperrten Geräten zu nennen, doch das kann die Einreise verzögern oder gefährden.

„Während Polizeibehörden im Inland nicht ohne richterliche Genehmigung ein Smartphone durchsuchen dürfen, sind die Regeln für die Beamten des US Customs and Border Patrol (CBP) laxer. Die Beamten dürfen zur Durchsetzung von Zoll- und Einreisebestimmung sowie bei Verdacht auf Rechtsverletzungen Durchsuchungen auch ohne Richterentscheid vornehmen. Gemäß einer 2009 veröffentlichter Regelungen der Heimatschutzbehörde DHS gilt das auch für digitale Geräte und Speichermedien, Basis ist ein Entscheid des Bundesberufungsgerichts von 2008. 2013 stützte die Entscheidung im Fall United States v. Cotterman diese Vorgehensweise.“[2]

Im Fall Rabbani bestätigte das Gericht in London, dass Einreisende damit rechnen müssen, dass Polizisten eine Herausgabe der Passwörter verlangen – dies sei rechtmäßig, was zur Folge hat, dass eine Verweigerung – wie in dem verhandelten Fall – als Straftat gewertet werde.

Die drei Beispiele aus den USA, Großbritannien und Kanada sind leider keine Ausnahmen auch in Neuseeland gehört dieses Vorgehen inzwischen zum Tagesgeschäft. Reisende können an Flughäfen in Neuseeland zur Herausgabe ihrer Passwörter aufgefordert werden. Dasselbe gilt für die Freigabe durch Fingerabdruck oder Face-ID.

„Wie Radio New Zealand berichtet, verleiht der neu in Kraft getretene Customs and Service Act 2018 den neuseeländischen Zollbeamten Befugnisse, die man sich vorher so nicht hätte vorstellen können. Wer den Beamten den Zugriff auf die mitgeführten Geräte verwehrt, hat mit einer Geldstrafe von satten 5.000 Neuseeland-Dollar (circa 2.850 Euro). Außerdem behalten die Behörden die entsprechenden Geräte für eine forensische Untersuchung ein.“[3]

Reisen ohne Daten: Der einfachste und beste Schutz ist, wenn keine Daten mit über die Grenze genommen werden. Reisende sollten dazu ein zweites Notebook und Smartphone kaufen. Diese Geräte enthalten nur die absolut notwendigen Daten. Alles was nicht benötigt wird und nicht preisgegeben werden soll, hat auf diesen Geräten nichts verloren.

 

[1] https://winfuture.de/news,99795.html
[2] https://www.heise.de/newsticker/meldung/USA-NASA-Forscher-bei-Wiedereinreise-zu-Handy-Entsperrung-gedraengt-3623229.html
[3] https://www.heise.de/newsticker/meldung/Neuseeland-Reisende-muessen-auf-Anfrage-Passwoerter-herausgeben-4179254.html

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