Nachlassregeln für das Gemeinschaftskonto
Wir haben bereits schon einmal über die Nutzung von Gemeinschaftskonten geschrieben, um einen steuerfreien Vermögenstransfer an seine Erben in Kanada zu ermöglichen. Im Normalfall geht das Kontovermögen beim Tod eines der Inhaber des Gemeinschaftskontos in den Besitz des Überlebenden über, als ob es schon immer zu 100% in dessen Besitz gewesen war. Gemeinschaftskonten sind daher ein nützliches Instrument in einer Nachlassplanung, da der Erblasser seinen Nachkommen kanadische Nachlasssteuern und Testamentsvollstreckungsgebühren erspart, die durchaus beträchtlich sein können.
Außer es funktioniert nicht. In einigen Entscheidungen der jüngsten Zeit haben Gerichte die Möglichkeit verweigert, das Vermögen über Gemeinschaftskonten an die Nachkommen zu transferieren, so wie es sich der Erblasser und sein Berater ausgemalt hatten. Johnson v. Johnson Estate (2015 ONSC 3765) ist ein gutes Beispiel einer gerichtlichen Entscheidung in dieser Richtung. In diesem Fall ging es um Verna, eine 98jährige Mutter, die ohne Testament starb, Grundbesitz hinterließ und ein gemeinsames Geldkonto mit ihrem Sohn geführt hatte. Der Sohn Wayne wurde zum Testamentsvollstrecker ernannt. Die einzig Begünstigten waren er und Vernas Enkel Michael. Dieser war das Kind von Vernas zweitem Sohn, der vor ihr verstarb. Nach dem Erbrecht von Ontario hatte der Enkel Anrecht auf den Teil des Erbes, der seinem verstorbenen Vater zustand. So kontaktierte Michael seinen Onkel und forderte diesen Teil ein. Wayne und sein Berater wiesen die Ansprüche zurück und boten ihm zunächst einen kleinen Anteil an der Immobilie; später gaben sie schließlich äußerst widerwillig zu, er habe Anspruch auf seines Vaters Anteil an Vernas Grundbesitz. Wayne verweigerte jedoch kategorisch den Zugriff aufs Bankkonto, da es auf ihn und seine Mutter gemeinsam lief. Damit sei er alleiniger Inhaber des Guthabens.
Angelpunkt der Entscheidung des Gerichts war die Frage nach Vernas Absicht. Wollte sie Wayne bewusst das Konto allein hinterlassen oder nicht. So erklärte Wayne dem Gericht, dass ihm seine Mutter immer erklärt habe, dass das Kontoguthaben ihm allein gehören sollte. Doch das Gericht entschied, er sei ein zu befangener Zeuge und ließ seine Aussage nicht gelten. Stattdessen entschied es, dass das Konto als resulting trust zu bewerten sei. Resulting Trust ist ein rechtlicher Kunstbegriff dafür, dass Wayne das Kontoguthaben treuhänderisch für das gesamte Erbe zu verwalten hätte. Da das gesamte Erbe zwischen Wayne und Michael zu teilen war, beträfe dies auch das Kontoguthaben.
Was lernen wir daraus? Die Regel zum Thema Gemeinschaftskonto steht weiterhin, aber es ist hilfreich sicherzustellen, dass die Absicht des Erblassers hinsichtlich des Erbes dokumentiert ist. Natürlich sollte dies sorgfältig geplant werden, damit das Konto durch eine zu explizite Willenserklärung nicht als Teil des Erbes beschrieben und damit wieder steuerpflichtig wird. Gemeinschaftskonten können ein sehr interessantes Instrumentarium bei der Erbregelung sein. Aber ganz besonders, wenn beispielsweise ein Elternteil und ein Kind ein solches führen, sollte der Elternteil vorsichtig darauf bedacht sein, dass sein Wille hinsichtlich des Kontos klar ersichtlich ist, so dass es im Zweifelsfalle vor Gericht anerkannt und respektiert werden kann.
Wir empfehlen daher unbedingt, einen juristischen und steuerlichen Fachmann im kanadischen Recht zu Rate zu ziehen. Dies erspart den Erben unter Umständen eine Menge Geld.
Dieser Kommentar ist allgemeiner Natur und nicht als Rechtsberatung gedacht, da sich die einzelnen Situationen unterscheiden und mit einem für das Gebiet zugelassenem Rechtsanwalt besprochen werden sollten