Bill 96: Das Gesetz zum Schutz der französischen Sprache als offizielle und Alltagssprache in Québec
Am 1. Juni 2022 trat Bill 96 mit dem Titel An Act respecting French, the official and common language of Québec (das „Gesetz”), in Kraft. Das Gesetz sieht eine Vielzahl von Maßnahmen und Verpflichtungen zum Schutz der französischen Sprache in Québec vor, von denen sich viele direkt auf Unternehmen auswirken, die in der Provinz tätig sind. Diese Maßnahmen werden sukzessive bis zum 1. Juni 2025 in Kraft treten, wobei die meisten bereits jetzt gelten.
Sie schreiben unter anderem vor, dass die folgenden Dokumente in französischer Sprache verfasst oder verteilt werden müssen:
- Angebote zur Einstellung, Versetzung oder Beförderung;
- Schriftliche Kommunikation mit dem Personal, einschließlich Formulare und Trainingsmaterialien;
- Adhäsionsverträge, mit Ausnahme von Arbeitsverträgen, Finanzverträgen und internationalen Verträgen, und nur, wenn alle Parteien ausdrücklich damit einverstanden sind;
- Websites, Social Media und andere Marketingmaterialien von Unternehmen mit Sitz in Quebec;
- Verfahrensurkunden, die von einer juristischen Person bei einem Gericht in Québec eingereicht werden;
- Schriftliche Mitteilungen an Behörden in Québec;
- Anträge auf Eintragung eines beweglichen Sicherungsrechts sowie Anträge auf Eintragung beim Grundbuchamt von Québec.
Ein Beispiel für die Auswirkungen auf dieser Ebene ist die Veröffentlichung einer Übertragungsurkunde für eine Immobilie. Obwohl die Urkunde selbst im Prinzip in englischer Sprache abgefasst werden könnte, würde ihre Veröffentlichung im Grundbuch eine Übersetzung erfordern, was zusätzlichen Zeit- und Kostenaufwand mit sich bringt.
Darüber hinaus müssen Unternehmen die folgenden Verpflichtungen einhalten:
- Arbeitgeber in Quebec müssen die Anforderung, eine weitere Sprache zu beherrschen, bei der Einstellung begründen und ihre Gründe im Stellenangebot veröffentlichen;
- Unternehmen mit 25 oder mehr Angestellten in Québec müssen sich beim Office Québécois de la langue française registrieren lassen und die breite Verwendung der französischen Sprache am Arbeitsplatz nachweisen, um eine Francization-Bescheinigung zu erhalten, die für den Abschluss von Verträgen mit öffentlichen Einrichtungen in Québec erforderlich ist;
- Unternehmen dürfen in Québec nur noch Waren und Dienstleistungen in französischer Sprache anbieten, und zwar sowohl an Verbraucher als auch an Nicht-Verbraucher sowie an Regierungsstellen und Behörden;
- Die Regeln für die Vorherrschaft der französischen Sprache bei Verpackungen, Etiketten, Werbung und der Verwendung ausländischer Marken werden verschärft;
Verstöße werden mit zivil-, verwaltungs- und strafrechtlichen Sanktionen geahndet, darunter die Annullierung von Verträgen, der Entzug von Lizenzen und Genehmigungen sowie hohe Geldstrafen für Unternehmen und ihre Geschäftsführer.
Verschiedene Gruppen haben rechtliche Schritte eingeleitet, insbesondere wegen der Unvereinbarkeit einiger Bestimmungen des Gesetzes mit dem Schutz der Sprachenrechte in der kanadischen Verfassung. Es wird jedoch mehrere Monate dauern, bis eine Entscheidung zu diesen Fragen getroffen wird. Bis dahin werden die Bestimmungen des Gesetzes weiter gelten.
Am 16. November 2022 hat der für die französische Sprache zuständige Minister von Québec, Jean-François Roberge, bekräftigt, dass das Gesetz bestehen bleibt und weder verzögert noch aufgeweicht wird.
Gleichzeitig arbeitet die kanadische Bundesregierung an der Bill C-13 zur Reform der Bundesgesetze zum Schutz der Sprache. In seiner jetzigen Form erlaubt es dieser Bill staatlich regulierten Unternehmen (z.B. Fluggesellschaften und Banken) zu wählen, ob sie das Gesetz von Québec oder das von Ottawa anwenden wollen. Die Debatten über den Bill C-13 sollten am 1. Dezember 2022 abgeschlossen sein, danach wird über ihn abgestimmt.
Für weitere Informationen über die Auswirkungen von Bill 96 auf Ihre geschäftlichen Aktivitäten in Québec können Sie Anthony Fortin gerne kontaktieren. Herr Fortin ist in der Provinz Québec als Notar zugelassen und berechtigt, diesen Titel auch in Deutschland zu führen. Er spricht Französisch, Deutsch und Englisch und ist in unserem Kanzleibüro in München erreichbar.
Kontaktieren Sie uns mit dem Formular für eine Erstberatung, wenn wir Sie in rechtlichen Angelegenheiten Québec betreffend beraten dürfen.